Neue Anziehungskraft für Kinder *Gastbeitrag*

Wer kennt es nicht? Das morgendliche Anziehen kann manchmal ewig dauern und so gar keinen Spaß machen. Wie man das Ganze mit Spiel und Spaß löst, erzählt uns unsere Gastautorin Rike Drust in ihrer Kolumne über die neue Anziehungskraft für Kinder.
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„Warum kann das Wetter machen, was es will, ich aber nicht?“ Meine fünfjährige Tochter steht verzweifelt und ziemlich unangezogen auf dem Flur. Ich kann sie gut verstehen. Das Wetter kann nach Lust und Laune regnen oder frieren, aber nur sie muss sich deshalb so viele Sachen anziehen, die kneifen, beulen oder zu klein, zu struppig und alles andere auch sind. Jeden Morgen sitzt sie vor dem Kleiderschrank und überlegt angestrengt. Schon die Auswahl der Unterhose dauert ewig. Dann sucht sie immer erst die Socken und dann die Leggings aus. Wichtig ist beim Anziehen, dass die Socken genau gleich hoch sitzen und keine übergroße Beule unter den Leggings machen. Sonst muss sie nochmal ganz von vorn anfangen. Und ja, wir haben bis hierhin noch nicht mal an ein Oberteil gedacht. Das morgendliche Anziehen dauert ewig und bei allem Verständnis habe ich gelegentlich auch das Bedürfnis, meine Faust aufzuessen. Weil es jeden Morgen heißt: „Beeil dich. Wenn du nicht gleich angezogen bist, kommst du zu spät in die Kita und Papa deshalb zu spät zur Arbeit.“

Kein Joysparkling beim Aussortieren

Wir haben unglaublich viel ausprobiert, um das morgendliche Anziehen für alle stressfreier zu gestalten. Zum Beispiel haben wir gemeinsam am Vorabend die Klamotten ausgesucht, und das komplette, von der Kleinen anprobierte und abgesegnete Outfit für den nächsten Morgen rausgelegt. Ganz schön naiv, denn warum sollte es beim Anziehen anders sein als beim Essen: Kinder können problemlos abends die Gurke mit Standing Ovations als das beste Gemüse der Welt feiern und sich trotzdem am nächsten Morgen wegen ihr würgend an den Hals greifen. Also musste eine neue Maßnahme her. Wir holten alle Klamotten aus dem Schrank und sortierten das aus, was sie gerade zu lang, zu kurz, zu beulig, zu rau und so weiter fand. Ich möchte an dieser Stelle die bereits erwähnte Gurke grüßen, denn natürlich wollte mein Kind am nächsten Morgen genau die Sachen anziehen, die wir am Tag zuvor aussortiert hatten.

Zeitpuffer gibt Raum für ein Nasentänzchen

Jetzt gibt es bestimmt Menschen, die finden, meine Tochter tanzt uns ziemlich auf der Nase herum. Und manchmal, wenn ich besonders müde oder im Arbeitsstress bin, denke ich das sogar selbst. Aber grundsätzlich mag ich lieber tanzende Kinder als welche, die sich schon mit fünf nicht mehr trauen, ihre Meinung zu sagen. Deshalb planen wir morgens statt Befehlen und Drohungen lieber einen ziemlich langen Zeitpuffer fürs Anziehen ein. Und genau bei diesem Puffer kam mir die Idee für unseren persönlichen Superanzieh-Hack dazu, den ich mitleidenden Eltern jetzt verraten möchte.

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Anziehhack galore: Kleidung ein Gesicht geben

In einem dieser schier unendlichen Anziehmomente saß ich wartend im Kinderzimmer rum. Und während ich verträumt durchs Fenster dem Wandel der Jahreszeiten zuguckte, hatte ich die Idee. Ich schnappte mir einen der Strümpfe, zog ihn mir über die Hand und ließ ihn sprechen. Sein Name war Klaus und ihm war furchtbar kalt. Nur ein toller, warmer Kinderfuß könnte dafür sorgen, dass er nicht mehr so schrecklich friert. Und siehe da, meine Tochter strahlte die bestrumpfte Hand an, herzte Klaus liebevoll, versicherte ihm, dass er nicht mehr frieren muss und zog ihn einfach an. Dabei war noch nicht mal Herbst! Den anderen Strumpf nannte sie Maus, und weil auch Maus stark bibberte, wurde sie in Windeseile über den wärmenden Fuß gezogen.

Kinder hören lieber auf Strümpfe als auf ihre Eltern

Seit dieser Erkenntnis spricht bei uns so ziemlich jedes Kleidungsstück. Klingt manchmal echt bekloppt, aber uns helfen morgens singende Strümpfe so viel mehr als hektische ‚Beeil dichs‘ oder Augen rollende ‚Stell dich doch nicht so ans'. Mir wurde durch diese Spielerei klar, dass meine Tochter morgens nicht mehr Anweisungen, sondern mehr Verbündete braucht. Mit denen sie gemeinsam über das blöde Wetter pöbeln und bei denen sie die Große ist und helfen kann. Ihre kleinen Freundinnen und Freunde geben unserem Anziehstress am Morgen mehr Sinn als das abstrakte "Papa muss doch bei der Arbeit sein". Jetzt heißen bei uns eben ihre Strümpfe Klaus und Maus, und ihre Leggings sind die berühmten siamesischen Schlangenzwillinge. Meine Tochter ist morgens seitdem um einiges entspannter. Heute Morgen zum Beispiel war nur einer sauer auf mich, und das war ihr Rucksack. Der hätte nämlich heute wegen Ausflugstag mit in die Kita gemusst, was ich allerdings total vergessen hatte. Jetzt hängt er hier an unserer Garderobe, guckt mich mit großen Augen an und ich könnte schwören, dass er eben vorwurfsvoll den Kopf geschüttelt hat.

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